Aufmerksamkeit
Das finde ich einen guten Ansatzpunkt, damit habe ich auch meine Probleme.
Ich habe den Eindruck, je mehr ich mich darum bemühe und die Aufmerksamkeit auf den Sehvorgang richte - auch mit Schaubildern und Informationen über richtiges Sakkadieren im Hinterkopf - um so mehr leidet die Unmittelbarkeit des Sehens und ich stehe mir selbst im Weg.
Dieses Gefühl - mir selbst im Weg zu stehen - hatte mich auch zu dem Beitrag veranlasst (in der Annahme, dass es anderen vielleicht ähnlich geht):
Vielleicht hängt die Dauer davon ab, wie sehr wir uns selbst im Weg stehen?
Wir sehen unsere Augen gerne als eine Art Instrument, das wir perfekt 'beherrschen' wollen durch Training und optimalen Einsatz (wie auch gut trainierte Körpermuskeln in anderen Bereichen). (Und nicht nur wir verstehen das so, überall wird von uns ein perfekt funktionierendes Sehen gefordert)
Dagegen verlangt Bates' Konzept ein Einlassen auf die Korrektur durch Bio-Feedback, also die Kontrolle ein Stück weit aufzugeben, die richtige 'Perspektive' (wieder)finden, die Schärfe und Klarheit entdecken und nicht 'produzieren'.
Die meisten von uns versuchen wohl, beides irgendwie zu kombinieren und auf einen gemeinsamen Nenner zu bringen.
Wir finden Bates zwar von der Idee her ganz toll und einleuchtend, können uns aber irgendwie nicht ganz dazu durchringen, uns ganz darauf einzulassen, im Weg das Ziel zu sehen - dass das perfekte Sehen nie zum 'Besitz' wird, über den man verfügen kann, sondern nur der Weg dahin so perfekt eingeübt werden kann, dass man ihn jederzeit automatisch, 'im Schlaf' wiederfindet.
Indem man versucht, doch beides zu erreichen, bremst man sich selbst aus.
Das Problem (das für den Normalsichtigen keines ist, weil es das richtige Sehen nie verlernt hat) liegt auch in der Natur der Sache, der Reproduktion einer komplexen Sehwelt über die das kleine 'Schlüsselloch' Makula mit Hilfe von schnellen Augenbewegungen - weil der Sehnerv die Dicke eines Elefantenrüssels haben müsste, wenn die Umwelt 1:1 abgebildet werden sollte.
Jetzt ist in unserer Vorstellung das Anvisieren/Fixieren eines winzigen scharfen Punktes mit Stabilität und Statik verknüpft, während die schnellen Augenbewegungen praktisch sofort wieder eine Aufgabe des erreichten Schärfepunkts erfordern...
Wenn man das früher einmal intuitiv Praktizierte jetzt bewusst 'reproduzieren' will, kommt man an die Schwierigkeit, beides irgendwie zu einem reibungslosen Miteinander zu vereinen.
(Gut, dass wir das Atmen und andere Körperfunktionen nicht verlernen...da wären wir mit einem bewussten Wieder-Erlernen bestimmt noch schneller überfordert
)
Seit mir das klar geworden ist und ich mich mehr auf den 'Anfang des Weges' konzentriere und nicht auf das 'Ziel', ist zumindest das Sehen viel entspannter geworden und ich finde öfter den Einstieg in eine zumindest deutlich bessere Sicht.
Dh ich versuche zu vermeiden, dauernd meine aktuelle Sehschärfe im Hinblick auf mein 'Ideal' zu prüfen; wenn ich dann damit unzufrieden bin, sehe ich gleich noch viel schlechter...
Stattdessen richte ich meine Aufmerksamkeit bewusst weg vom Sehvorgang als solchem und hin zu dem, was ich sehen will - egal, wie gut oder schlecht ich das im Augenblick erkennen kann. Ich interessiere mich für immer mehr Details und gehe einfach davon aus, dass meine Augen das Sehen eigentlich 'allein' am besten können, dh, wenn ich ihnen genügend Spielraum gebe und sie nicht behindere.
Also diese ganzen Informationen über richtiges Sehen eher als Anweisung nehme, um Falsches zu unterlassen und nicht als Anleitung, bewusst das Richtige zu tun. Den Ansatzpunkt im interessanten Detail zu suchen und und die Aufmerksamkeit dann ganz beim Gesehenen lassen, so ähnlich wie ein Kind, dass sich ganz in sein Spiel vertiefen kann
Das führt meistens zu einem ganz guten Ergebnis, aber oft sind Konturen noch verwaschen oder mit leichten Doppelbildern - als ob richtige und falsche Einstellung beim Sehen gleichzeitig an den Augenmuskeln in verschiedene Richtungen ziehen
.
Ich habe das Gefühl, dass das Sehen so zu einem viel unmittelbarerem und direkterem Erlebnis wird.
Mein Problem ist nicht in erster Linie, eine gute Sehschärfe ab und zu zu 'erzeugen', sondern der Umstand, dass ich nicht die ganze Zeit bewusst und mit voller Aufmerksamkeit zentrales Sehen praktizieren kann und es kommt mir nicht so vor, als ob das bewusst erzeugte scharfe Sehen einfach so zum automatischen, unbewussten Tun wird.
Ich warte immer noch auf das 'Klick':
PS@Aniram: Jupp, kenne ich aus eigener Erfahrung. Wird ja sicherlich auch aus obigen Erklärungen schon deutlich. Die Lösung ist einfach: Je besser man das Konzept vom zentralen Sehen versteht, umso interessanter und funktioneller (und auch freudebereitender) wird es. Und damit verlockender, es immer weiter zu perfektionieren... und die Phasen perfekten Sehens dehnen sich dann auf einmal sehr zügig aus, weil "das Spiel einfach nicht mehr langweilig wird". Dann werden bald die Sehszenarien immer anspruchsvoller und immer diffiziler gewählt. ("Jagd auf Pessima.") Das wiederum hat zur Folge, das irgendwann der Punkt erreicht ist, an dem es im Hintergrund Klick macht, und es einem auf einmal immer schwerer möglich ist (nur noch mit Anstrengung oder willentlich herbeigeführtem regressivem Verhalten), 'auf Kommando' auch nur annähernd so schlecht zu schauen, wie noch vor kurzer Zeit. Einfach, weil man beginnt, körperlich wie geistig zu vergessen, wie das ging. Aber so eine Regression will man normalerweise ja auch gar nicht. Im Gegenteil.