chris1 hat geschrieben:Könntest du vielleicht in kurzen Worten (stell dir vor, du musst es per SMS schicken) im Deutsch des 21. Jahrhunderts die Grundsätze des zentralen Sehens erklären? Oder sagen wir mal: Erklär es so, dass es ein fünfjähriges Kind versteht
Diesen Ansatz...
... den finde ich sehr gut.
Ich habe weiter oben daraufhin ja eine Bates eine "Color-SMS" "angedichtet" (weiter unten in diesem Text ist sie noch einmal eingebunden)... diese am besten nun noch einmal langsam und ganz in Ruhe durchlesen und dabei versuchen, das Geschriebene so gut es geht zu verstehen – und es dann während des Weiterlesens meiner Erklärungen "im Hintergrund" mitlaufen lassen.
Vorweg zur Erklärung: Mit Schauen meine ich stets die geistige Wahrnehmung von Seheindrücken innerhalb des Gesichtsfeldes. Und Schauen steht stets für das, was wir mit den körperlichen Augen tun bzw. was sie "von sich aus" sowieso tun... also der aktive bzw. passive Ausrichtungsvorgang, die passiv stattfindenden durch den Lichteinfall bedingten Netzhautanregungen, die dann in den Sehzapfen- und Sehstäbchenzellen weiterwirken und als elektrische Signale von ihnen ausgesandt werden... um dann ins übrige Nervensystem zu gelangen usw... also: der körperliche Aspekt des Sehens – dessen objektives Ergebnis wir dann wiederum subjektiv (also geistig) wahrnehmen können.
''Bates'' per ''SMS'' hat geschrieben:1. Lies Rechtes Sehen ohne Brille, bis Du es in all seinen entscheidenden Aspekten möglichst komplett verstanden hast - das ist aus meiner Sicht für jedermann erreichbar, denn Bates bedient sich einer sehr klaren Sprache. // 2. Schaue, was Du gerade (ungefähr) anschaust. Wenn Du eine Stelle ausfindig machen kannst, die klarer, deutlicher, aufgelöster... ... also in irgendeiner Weise "besser erkennbar"... erscheint, als die momentan betrachtete, schaue nun auf diese andere Stelle. – Wiederhole dies nun fortlaufend. Darin besteht die eigentliche Sehpraxis dieser Methode. Mit wachsender Praxiserfahrung wird die Sehschärfe dadurch auf natürliche Weise (wieder) ansteigen und die Fähigkeit, die bewusste Sehaufmerksamkeit immer weiter einzugrenzen, ohne dabei in "Sehmatsch" zu versinken, soweit anwachsen, dass schließlich auch eine einzelne punktgroße Stelle visuell klar erkenn- bzw. einzeln registrierbar wird (sofern Bedarf bzw. Anlass für eine derartig weitgehende Eingrenzung der Sehaufmerksamkeit besteht). – Womit Du in dem Falle "maximal präzise" schaust, ist ein relativ kleiner Teil der Stelle maximal scharfen Sehens. Und was Du in dem Falle "maximal präzise" anschaust, ist die bzw. eine kleinstmögliche Stelle innerhalb des momentan gerade wahrnehmbaren Gesichtsfeldes – bei gleichzeitiger Abwesenheit jeglicher Brechungsfehler. // 3. Zum Ausruhen der Augen im Falle von unter Umständen auftauchenden, sich verstärkenden und immer irritierender werdenden Augenempfindungen: Schaue auf die tiefschwärzeste Stelle in Deinem Blickfeld, die Du finden kannst, gerne auch auf größere mehr oder weniger homogene Flächen und ruhe Deine Augen bzw. Deinen Geist dabei möglichst gut und gründlich aus. Tiefes Schwarz gibt es zumeist immer irgendwo innerhalb des Gesichtsfeldes, achtet einmal darauf. Bates hat einmal geschrieben: "Schwarz ist ubiquitär." – Falls aber wider Erwarten tatsächlich momentan keinerlei auch nur annähernd schwarze Stellen zu finden sind, schließe die Augen und decke sie gegebenenfalls sogar mit den Handtellern ab. Oder unterbreche die Praxis für den Augenblick ganz. // 4. Werde mit der Zeit und wachsender Sicherheit in der Methode "wagemutiger", was die Auswahl der jeweils betrachteten Sehobjekte angeht.)
Ich weiß nicht, wem es aufgefallen ist... in der verwendeten Farbcodierung stecken – anfangs auch für mich unerwartete – Möglichkeiten, Dinge auszudrücken, die sonst mit Worten gar nicht, oder nur mit sehr, sehr langen und ausführlichen Begleittexten sinngetreu vermittelt werden können. Aber mit Sicherheit weiß dennoch nicht jeder, was genau von mir ausgesagt werden soll mit bestimmten Variationen in der Farbe und in der Satzkonstruktion. Aber Spekulationen, was genau gemeint ist, sind ja unnötig, solange ich noch hier bin. Ich möchte daher jetzt an den entscheidenden Stellen erläutern und vertiefen:
A: "Stelle bzw. Stelle": Das bedarf auf jeden Fall einer weitergehenden Erläuterung, wenn man verstehen will, dass dies zwei klar voneinander zu unterscheidende Dinge sind.
B: "schaue nun": Hiermit ist die Wirkung des geistigen Anteils des Sehprozesses auf den körperlichen (in obigem Sinne) gemeint. Erläuterungen hierzu sind ebenfalls sinnvoll.
Beginnen wir mit A:
Die Stelle schärfsten Sehens, sofern es denn eine solche gibt, befindet sich natürlich irgendwo auf der Netzhaut. Ich beginne daher mit meiner Beschreibung einfach einmal irgendwo am äußeren Rande der Netzhaut, in der begründeten Vermutung, dass wir uns bei diesem Vorgehen noch außerhalb dieser Stelle befinden und so somit von außen nach innen erforschen können. Das heißt, wir nähern uns dann Schritt für Schritt im Geiste immer weiter dieser Stelle (quasi im "Gleitflug" über die Netzhautoberfläche) und haben dann die Möglichkeit ihre innere Struktur vollständig zu überstreifen.
Zunächst sind lockere Gruppen von "Mischwald" bestehend aus sogenannten Zapfenzellen (Sinneszellen, zuständig für Farbsehen) und sogenannten Stäbchenzellen (Sinneszellen, ausschließlich zuständig für Hell-/Dunkelwahrnehmung, sie sind daher besonders lichtempfindlich) erkennbar. Allerdings liegen diese "Wälder" gewissermaßen "unterirdisch". Das heißt sie sind in ein Netzhautgewebe "eingelassen", das sie umgibt und dadurch schützt, ernährt und kommunikativ an das Zentralnervensystem ankoppelt. Ein gewisses Maß an Lichteinbuße ist durch diese vollständige Einbettung natürlich stets vorhanden, aber das ist nicht allzu kritisch. Wäre es anders, könnten wir ja nichts sehen. – Über die ebenfalls eingebetteten Nervenzellen speisen diese Stäbchen- und Zapfenzellen ihre Signale bündelweise in das Nervensystem ein. Das bedeutet, dass mehrere Zellen hier gemeinsam zu einem einzigen Signal beitragen, welches dann im Anschluß "gemittelt" an das Zentralnervensystem weitergegeben wird. Fällt nun das Licht, welches von "oben" – also aus der Richtung der Augenlinse – kommt, auf diesen "lockerbestandenen Mischwald mit Signalbündelung", so ist die letztendliche optische Winkelauflösung des visuellen Seheindruckes, der aus den entstehenden Signalen vom Zentralnervensystem "berechnet" wird, relativ gering.
Erläuternder Einschub zum Begriff Optische Winkelauflösung: Der Winkel zweier beliebiger einfallender Lichtstrahlen zueinander wird bestimmt, indem man sie gedanklich vom Mittelpunkt der Augenlinse aus auf die Netzhaut herabfallen lässt. Nun lässt sich aus dem Abstand der Auftreffpunkte und dem Abstand der Auftreffpunkte vom Augenlinsen-Mittelpunkt mittels elementarer trigonometrischer Berechnung der Winkel der beiden Strahlen zueinander bestimmen. – Haben nun zwei Sinneszellen(bündel) einen gewissen räumlichen Abstand zueinander auf der Netzhaut, so ergibt sich die in diesem Falle maximal mögliche optische Winkelauflösung als gerade dieser Differenzwinkel zwischen zwei Lichtstrahlen, die auf diese beiden Sinneszellen(bündel) treffend gedacht werden.
Bewegen wir uns nun gedanklich weiter in Richtung der Region, wo die Lichtstrahlen, von der Augenlinse kommend, senkrecht(er) herabfallen, so bemerken wir, dass der "Sehzellenwald" langsam beginnt, dichter und weniger ungleichmäßig verteilt zu sein. Immer noch ist es "Mischwald", der – je weiter wir uns in diese Richtung bewegen – immer mehr zu einem "Zapfenwald" wird. Dass hat zu Folge, dass diese Region zunehmend farbgetreuere und optisch höher aufgelöste Bilder liefert. "Seitlich am Wegesrand" sehen wir eine ungewöhnliche, weil komplett sehzellenfreie Stelle. Diese Stelle markiert die evolutionäre Lösung des vor Äonen durch die Entwicklungsgeschichte des Auges aufgetretenen Problems: "Wie schließe ich diese hochkomplexe "Datensammelfläche" Netzhaut an das "Datenkabel" Sehnerv an?" Beim Menschen ist das auf eine Weise gelöst, die für eine bestimmte Region "Baumfreiheit" erzwingt. Zur Anschauung, siehe diese Skizze. Aber diese "Lücke im Blickfeld", der sogenannte Blinde Fleck, wird vom Bewusstsein (normalerweise) nicht wahrgenommen, da eine geeignete Interpolationsroutine des Zentralnervensystems diese im Sehalltag stets "sinnvoll" mit Umgebungsdaten füllt bzw. kaschiert. Ein gutes Beispiel für den hohen Grad an Ausgereiftheit des biologischen Sehapparates im Wechselspiel mit neurologisch getragener Sehkognition.
Je weiter wir uns gedanklich der Stelle genau unter dem Zentrum des einfallenden Lichtkegels nähern, um so dichter stehen die Sehzellen beieinander, die Winkelauflösung nimmt immer schneller zu. Dann wird langsam im Zentrum eine kreisförmige Zone mit einem Gesamtdurchmesser von etwa 5.5 Millimetern sichtbar. Diese Kreisfläche mit allem, was sich darin befindet – mit allem, was wir gleich noch sehen werden – wird Macula Lutea genannt... der "Gelbe Fleck". Die äußeren 1.5 Millimetern sind interessanterweise praktisch ausschließlich mit Stäbchenzellen bestanden. Tatsächlich gibt es nirgendwo sonst auf der Netzhaut eine Stelle, die dichter und ausschließlicher mit Stäbchenzellen bestückt ist, als diese. Das heißt, mit diesem Ring voller Stäbchenzellen können wir extrem gut helligkeitsaufgelöst schauen. (Eine Tatsache, die Astronomen gerne ausnutzen, wenn sie lichtschwache Objekte sehen wollen. Sie schauen dann "ganz knapp vorbei" an dem Objekt um es (besser bzw. überhaupt) wahrnehmen zu können.) Diese Ringfläche trägt den Namen Perifovea (also die "Drum-herum-Fovea") Wir werden gleich noch zwei weitere Foveas kennenlernen.
Bewegen wir uns nun gedanklich weiter und lassen die Zone der Perifovea hinter uns, so erkennen wir, dass sich auf der inneren Seite ringsherum rasch die Art der "Bewaldung" ändert: Die Sehzellen sind weiterhin sehr dicht gepackt, ja die Dichte nimmt sogar weiterhin zu, aber der Anteil an Sehstäbchen nimmt rapide ab. Der Anteil an Sehzapfen dagegen steigt ebenso rapide an. Dieses ebenfalls ringförmige Gebiet nennt sich Parafovea (also die "Neben-Fovea"), etwa 0.5 Millimeter umfasst diese Zone der "Umbewaldung".
Verlassen wir auch diese Zone, so erreichen wir die eigentliche (Haupt-) Fovea, eine kreisförmige, leicht abgesenkte Fläche, auf der der Stäbchenanteil zum Zentrum hin immer weiter absinkt, bis er schließlich ganz Null erreicht. Die innersten 0.35 Millimeter sind bereits ausschließlich von Sehzapfen bestanden. Diese Zone heißt Fovea centralis. Einschub: Manchmal werden die Begriffe Fovea und Fovea centralis gleichbedeutend verwendet. Ich halte das für nicht sinnvoll und folge der "anderen Schule", da sie eine genauere Beschreibung erlaubt. Die leichte Absenkung der Fovea erklärt sich so, dass die lichthinderliche Gewebsschicht hier besonders dünn ist. Das hat zur Folge, dass das einfallende Licht noch etwas ungedämpfter detektiert werden kann, als außerhalb dieser Zone. Die Lichtrezeptoren der Zapfenzellen liegen hier quasi "frei(er) am Licht". Aufgrund dieser Absenkung des Untergrunds nennt man die Fovea auch "Sehgrube" oder "Sehgrübchen". Ein anderer schöner Name für die Fovea centralis ist Foveola. In ihr sind nur noch zwischen einer und drei Zapfenzellen jeweils an ein Nervenbündel angeschlossen. Die optische Winkelauflösung ist fast an ihrem Maximum angelangt.
Die innerste, 0.1 Millimeter durchmessende Stelle dieser 0.35 Millimeter großen Kreisfläche, verdient nun eine genauere Betrachtung. Sie trägt den Namen Foveola centralis, oder Zentralfoveola. In ihr befinden sich etwa 2600 besonders geformte Zapfenzellen. Sie sind schlanker, als die normalen Zapfen, wodurch es möglich ist, dass sie besonders dicht in bzw. auf der Netzhaut beieinander stehen. Namentlich in einem dichtestmöglich gepackten "Sechseckmuster" ("Hexagonale Anordnung".) Jede einzelne dieser 2600 innersten Netzhautzellen hat hier seine ganz eigene "Datenleitung" zum Zentralnervensystem (es findet also keine Daten-"Mittelung" statt). Somit ist hier die nervensystemische Auflösungsgenauigkeit maximal geworden. Der Abstand zweier Zapfen beträgt hier nur noch ungefähr 3 Mikrometer, was für die optische Winkelauflösung des menschlichen Auges einen Wert von ungefähr 30 Bogensekunden ergibt. Ich bezeichne den sich daraus ergebenden Visus (der Wert beträgt hier gerade genau 2.0, siehe weiter unten für weitere Erläuterungen hierzu) für gewöhnlich in meinen Texten als den physiologischen Visus.
Wir sind nun am Ziel des gedanklichen Streifzuges über die menschliche Netzhaut angelangt, denn das, wir nun vor uns sehen, das ist die Stelle des schärfsten Sehens. Eine kreisrunde höchst sensible Detektorfläche mit 2600 besonders schmal geformten Zapfenzellen, die unter bestmöglichen optisch-physiologischen Grundbedingungen das eingehende Licht aufzunehmen und weiterzureichen imstande ist. Mehr nicht. Aber auch nicht weniger.
Projizieren wir diese innerste Zone nun geometrisch von innerhalb des Auges nach außen in den Sehraum außerhalb des Auges zurück, um herauszufinden, wie groß die Blickfeldausschnitte denn sind, die mit dieser Stelle schärfsten Sehens denn in Bezug auf verschiedene äußere Sehobjekte jeweils visuell erfasst werden können. Dazu stelle man sich einen Lichtkegel vor, dessen unterer Rand dem Rand der 0.1 Millimeter großen Zentralfoveola entspricht und dessen Spitze im Zentrum der Augenlinse endet. Nun denkt man sich einen zweiten Kegel, mit der selben Achsenausrichtung und einer Kegelspitze, die die erste Kegelspitze gerade berührt (sozusagen ein an der gemeinsamen Spitze gespiegelter Geisterkegel), der sich nach außen aufweitet, statt in Richtung Zentralfoveola. Dieser zweite äußere "Suchscheinwerfer-Kegel" wird nun auf ein Objekt gerichtet.
Zeichnen wir im Geiste nun auf die Oberfläche des Objektes eine geschlossene Kreislinie gerade dort, wo die Außenfläche des Kegels das Objekt trifft, so können wir erkennen, welcher Ausschnitt des Sehfeldes gerade Licht auf die Zentralfoveola wirft. Der innere Kegelwinkel (von der Linsenmitte zum Rand der Zentralfoveola) beträgt 20 Bogenminuten (= 1/3 Grad). Also ist das im äußeren Kegel genauso. – Im Überblick stellen sich die inneren Regionen mit den jeweils höchsten Sehzellendichten in beiden Augen so dar (die jeweiligen Winkeldurchmesser der ihnen jeweils entsprechenden Gesichtsfeldregionen sind mit eingetragen):
Daraus folgt zum Beispiel, dass Objekte mit einer Größe von mehr als 20 Bogenminuten nicht vollständig auf die Zentralfoveola abgebildet werden können. Kleinere dagegen schon. 20 Bogenminuten? Das ist nicht gerade klein... ein Objekt in 30 Zentimetern Abstand zum Auge umfasst diesen Winkel, wenn es einen Durchmesser von etwa 2 Millimetern hat. Das ist etwa so groß, wie diese Buchstaben: A B C D E ... Ein anderes Beispiel: Der Mond am Himmel hat einen Durchmesser von etwa 30 Bogenminuten. Das bedeutet, dass die Stelle schärfsten Sehens etwa zwei Drittel des Monddurchmessers beträgt. Also sieht das ganze so aus:
Soviel bis hierher zur Stelle schärfsten Sehens.
Die Stelle schärfsten Sehens dagegen ist eine vollkommen eigenständig zu betrachtende Angelegenheit.
Und jetzt gilt es, besonders gründlich zu lesen, denn hierbei sind einige Verständnishürden zu nehmen.
Wenn man nur oberflächlich über das oben gesagte nachdenkt, könnte man zu folgendem Schluß kommen: "Oh, zwei Drittel vom Vollmond (oder Buchstaben von dieser Größe) kann ich mit so einem Apparatismus auf einen Blick vollkommen scharf sehen? Wunderbar. Dann mache ich das doch einfach mal!" – Aber den dauerhaften Seheindruck "Das Bild (z.B. von der unteren Hälfte des Mondes) ist komplett scharf. Überhaupt... was auch immer ich anschaue, und wie ausgedehnt auch immer ist, alles ist immer genau so scharf, wie ich es möchte – nämlich vollkommen scharf." können nur Leute haben, die es – neben der neurologisch-muskulären Fähigkeit zur vollständigen Akkomodation – gelernt haben, das Signal von runter bis zu zwei zentralfoveolaren Detektorzellen bewusst zu "hören" (eigentlich "zu sehen") und geistig auzuwerten. Also weit weniger, als das gesamte 2x2600-Sehzellen-"Signalkonzert".
Und das ist dann auch die Stelle, an der es etwas tückisch und zugleich auch etwas diffizil wird... aber auch interessant und spannend zugleich. DENN: Wie kann man "volle Sehschärfe" definieren? Natürlich so: Man bietet ein Objekt dar, welches ein Merkmal enthält, das man nur dann erkennen kann, wenn man perfekt akkomodiert hat – ein Merkmal also, das gerade einen optischen Winkeldurchmesser von 30 Bogensekunden hat. Kann man dieses zweifelsfrei erkennen, so entspricht das dann einem Visus von 2.0. Eines der elementarsten in praktischer Verwendung befindliche Prüfobjekt für eine derartige präzise Visusbestimmung ist:
Der Landolt-Ring:
Wer mehr über das Messen optimaler Sehleistungen und verschiedene Arten des perfekten Objekterkennens lernen möchte, dem sei dieser Text empfohlen. – Die Visusbestimmungstafeln mit Landolt-Ringen sehen dann so aus (Die Frage lautet jeweils: "Wohin zeigt die Öffnung gerade?"):
Denken wir uns nun all die Ringe bis auf einen einzelnen aus der Visus-2.0-Zeile weg. Mit den Zentralfoveolen in beiden Augen erfassen wir ihn komplett – und noch ein sehr gutes Stück der Umgebung dazu. (Das Folgende ist nur eine Illustration. Will man es realitätsgetreu haben, so wähle man die Betrachtungsentfernung geeignet. Für eine genaue Berechnung der Sollentfernung bei vorgegebener Objektgröße und vorgegebenem Visus, siehe hier.)
Wollen wir nun diesen Ring geistig entschlüsseln (also erkennen, wohin die Öffnung zeigt...), so bleibt uns nichts anderes übrig, als via Nervensystem den diesbezüglich eingehenden Signalen aus der Zentralfoveola zu "lauschen". Das Entscheidende dabei: Letztenendes sind es nur drei benachbarte Zellen, die eine Aussage darüber treffen, ob "da eine Lücke" ist, oder nicht. Sie senden folgende Signale:
#1:
#2:
#3:
Denkt man das ganz zu Ende, so braucht es sogar nur zwei Zellen, denn der Helligkeitsunterschied an einer der beiden Hell-Dunkel-Grenzen der Lücke ist ausreichend für die Erkennung der Lücke! Spätestens, wenn man einsieht, dass das Auge ja auch von "Rand 1" der Lücke zu "Rand 2" springen kann, begreift man, dass die Signale von zwei Zellen ausreichen. Lasst das mal auf euch wirken: Unser Nervensystem (und somit auch unser Bewusstsein) ist ganz selbstverständlich dazu in der Lage, bis "hinunter" zu zweien dieser 2600 zentralfoveolaren Zapfenzellen gezielt "zuzuhören" – und aus den Unterschieden der beiden "Erzählungen" einen sinnvollen Seheindruck zu gewinnen. Und muss das ja auch können, da nur so die Lücke im Landolt-Ring wahrgenommen (= gesehen) werden kann. Beim Vollscharfsichtigen (sei es nun mit oder ohne Korrekturlinsen vor den Augen) entspricht dies der vorliegenden Situation. Oder doch zumindest immer dann, wenn ein sehr kleines Detail gezielt bewusst betrachtet wird.
Wie gerade gesagt: Auch bei Fehlsichtigen (außer es liegt eine fortgeschrittene Degeneration der Retina vor – was äußerst selten vorkommt und auch ganz eigene unverkennbare Symptome mitbringt) ist die Möglichkeit für diesen extremen Grad an Sehdetailauflösung jederzeit vorhanden... nicht nur, wenn bei ihnen eine präzise Brechungsfehlerkorrektur (z.B. in Form einer Brille) verwendet wird. Mindestens jeder Fehlsichtige, der schon einmal einen Moment klaren Sehens gehabt hat, weiß, dass die scharfen Bilder jederzeit "kommen können"... wenn ihm oder ihr auch vielleicht noch nicht ganz klar sein mag, wie man diesen Zustand durchgehend zu erhalten vermag. Einschub: Die Momente klaren Sehens mögen sich vielleicht ungewohnt anfühlen und man schreckt am Anfang ein wenig davor zurück, aber spätestens wenn einer dieser "glücklichen Momente" länger als ein paar Sekunden andauert, verliert sich irgendwann der Schrecken.
Die Zentralfoveola und auch all die restlichen Zonen der Retina mit ihren jeweils ganz eigenen Eigenschaften (siehe oben) und den jeweils von der Natur so vorgesehenen Winkelauflösungen sind "voll da"... und auch das Nervensystem ist in der Lage die Daten korrekt auszulesen und in Bilder umzusetzen. Das einzige Problem scheint darin zu bestehen, dass beim Fehlsichtigen selten geeignetes "Datenrohmaterial" hereinkommt. Mit anderen Worten: Optimal scharfe Bilder.
Fassen wir A zusammen:
1. Wir haben in jedem unserer beiden Augen eine auf Licht reagierende Netzhaut, welche zur Zentralfoveola hin immer dichter und dichter mit immer feiner und feiner verkabelten Sehzellen bestanden ist. Im Zentrum der Netzhäute befinden sich kreisrunde Flächen mit jeweils ungefähr 2600 speziellen Zapfenzellen, die, was ihre prinzipielle Funktionalität angeht, gleichberechtigt aber einzeln "verdrahtet" sind und an Sehauflösung das liefern, was das Auge maximal an Sehschärfe zu leisten vermag.
2. Ist das optische Bild optimal akkomodiert (wie auch immer es dazu kam), so ist es möglich, Details bis herab zu einer Größe von ungefähr 30 Bogensekunden aufzulösen. Dazu bedarf es der (stets vorhandenen) neurologischen Empfindsamkeit, die unabhängig voneinander gesendeten Signale von zweien benachbarten oder mehr der Zentralfoveola-Zellen gleichzeitig zu registrieren und korrekt weiterzuverarbeiten. Und – beim bewussten und gezielten Scharfsehen – auch der Fähigkeit zur (mehr oder weniger vollständigen) geistigen Einschränkung der Sehaufmerksamkeit auf eine sehr kleine Stelle im Blickfeld. Diese Fähigkeit ist ebenfalls stets vorhanden, allerdings nur dann sinnvoll in ihrer Vollständigkeit anzuwenden, wenn die momentan gerade vorhandene Sehschärfe es auch sinnvoll bzw. zweckmäßig erscheinen lässt, es zu tun.
3. Zudem ist noch zu ergänzen, dass der subjektive Sehschärfeeindruck bei Normalsichtigkeit nicht den objektiven Gegebenheiten der Netzhaut entspricht. Der Normalsichtige sieht "immer überall alles scharf, wohin er auch blickt". Er hat nicht den Eindruck, dass die Sehschärfe nur in einem kleinen Ausschnitt des Gesichtsfeldes optimal ist und dann "nach außen hin" schlechter wird. Diese sehr wünschenswerte optische Täuschung verdanken wir der Evolution, die uns damit ein großes Geschenk gemacht hat. So wie jeder normale Mensch die sehzellenlose Stelle auf der Retina (der "blinde Fleck", siehe oben) nicht wahrnimmt, so nimmt er auch den Schärfeabfall nicht wahr, sofern nicht bestimmte Sehexperimente gemacht werden, die speziell darauf ausgelegt sind, dieses Phänomen sichtbar zu machen. Das letztendliche Bild bei Abwesenheit von Brechungsfehlern erscheint somit (für gewöhnlich, siehe obige Einschränkung) immer im Ganzen brilliant und makellos.
Die großen "Preisfragen" lauten nun natürlich:
• Wie verwendet man so ein Auge/Gehirn/Geist-System am geeignetsten, wenn man es denn schon einmal hat?
• Und wie kann man es erreichen, dass ein "aus dem Tritt gekommenes" Auge/Gehirn/Geist-System (= "Fehlsichtigkeit") wieder "Tritt fasst" und von da an optimal arbeitet?
Und damit sind wir bei B angelangt:
"[...] die klarer, deutlicher, aufgelöster... also in irgendeiner Weise 'besser erkennbar'... erscheint, als die momentan betrachtete, schaue nun auf diese andere Stelle." Warum ich hier einen Farbverlauf von Blau zu Lila verwendet habe... ja... da habe ich versucht, etwas in der selbstauferlegten Kürze nicht anders Beschreibbares auszudrücken.
Wird im Rahmen der Praxis eine eher grobe Richtungsänderung des Blickes vollzogen, so ist klar, dass auch die Blickrichtung sich ändert. Sie "ändert sich" sozusagen "mit"... was dabei gewissermaßen "im Hintergrund" geschieht ist das folgende: Der willentlich und bewusst ausgeführte Akt des Woanders-Hin-Sehens löst einen Muskelimpuls aus, der die Blickrichtung ebenfalls – mehr oder weniger angemessen – mitverlagert. Bei einem größeren willentlichen Blickwechsel ist das klar, und wir rechnen damit. Eine klare Blickrichtungsänderung wurde ja willentlich vorgegeben, also muss sich auch das Auge neu ausrichten. Was passiert aber, wenn wir versuchen wollten, innerhalb des Blickfeldes eine neue Stelle anzuvisieren, ohne die Blickrichtung zu ändern? Die Antwort der neurowissenschaftlichen Forschung darauf ist eindeutig: "Es geht nicht." Jede willentliche Bewegungsvorstellung löst immer auch einen Muskelimpuls aus.
Lassen wir also den Blick schweifen, so wird immer auch das Auge bewegt. Selbst bei minimalsten Blickverlagerungen werden vom Gehirn Muskelimpulse ausgesandt, die Muskeln reagieren auf diesen Impuls, vollführen so gut es unter den momentanen Umständen möglich ist, die Anweisungen, verändern also die Blickrichtung möglichst zielgemäß und geben dabei ihrerseits Signale in Form eines mehr oder weniger vagen "Muskelgefühls" als Feedback an das Nervensystem zurück. Im Falle beschwerdefreier Muskeln ist da nichts, außer eine "leise" spürbare Bewegungsempfindung. Selbst bei Blickverlagerungen, die sich innerhalb der zentralfoveolaren Grenzen (20 Bogenminuten) bewegen, richtet sich der Blickrichtung immer mit neu aus!
Diese Wirkung von Geist auf Körper - die willentliche Blickverlagerung, die immer auch eine körperliche Blickrichtungsveränderung mit sich bringt, solange man praktiziert – das habe ich mit "schaue nun" gemeint. Genauso ist es auch ein Schauen (das "körperliche Auge" regt auch durchaus immer auch das "geistige Auge" an) – ein zweigliedriges, stets komplett verschränktes Wechsel- bzw. Zusammenspiel von Geist und Körper. – Dieses Phänomen ist für den Menschen unveräußerlich und gleichzeitig sehr vorteilhaft. Denn es entbindet, richtig interpretiert, von der scheinbaren (!) bewusst zu erfüllenden Aufgabe, innerhalb der Praxis in irgendeiner "exerzitatorischen" Weise direkt mit den eigenen Augenmuskeln aktiv und gerichtet so zu interagieren, damit sie "endlich" das tun, was sie "tun sollen". Denn das ist letztlich nur: "Die Augen (möglichst präzise) ausrichten und sie (möglichst vollständig) akkomodieren". Beides wird im Rahmen der oben beschriebenen Praxismethode aus meiner Sicht und Erfahrung unmittelbar geschult. – Wir können mit den Augenmuskeln letztlich nur auf vier grundsätzlich verschiedene Weisen mehr oder weniger indirekt wechselwirken:
a) indem wir den Blick neu ausrichten bzw. den Bereich der zentralen Sehaufmerksamkeit verlagern
b) indem wir (geistige bzw. körperliche) Anspannungen in ihnen aufstauen bzw. aufgestaut halten
c) indem wir (geistige bzw. körperliche) Verspannungen in ihnen aufstauen bzw. aufgestaut halten
d) indem wir in geeigneter Weise störenden (also nicht dem oben erwähnten Bewegungsempfinden
d) zuordbaren) Muskelgefühlen "geistig lauschen" und dann zweckmäßig auf sie reagieren, um die
d) direkten Folgen von b) und c) in geeigneter Weise aufzulösen, was prinzipiell immer möglich ist.
Beim Praktizieren beschränkt man sich sinnvollerweise auf a) und d) beziehungsweise (falls möglich) "ganzsehtägig" auf a).
Praktiziert man als Fehlsichtiger nun entsprechend der obigen Beschreibungen und bleibt gleichzeitig in "spürigem" Kontakt mit seinen Seheindrücken (und gegebenenfalls mit weitergehenden Regionen des Geistes), sowie in "spürigem" Kontakt mit seinen Augen (und gegebenenfalls mit weitergehenden Regionen des Körpers), so vereinigt man darin "automatisch" alles, was ein "gutes" Sehverhalten bedingt. Die Sehschärfe erhöht sich mit der Zeit "unweigerlich" und man erlangt – mit wachsender Praxiserfahrung auch in ausgedehnten Bereichen des Gesichtsfeldes – stetig schärfere Seheindrücke – das heißt, "das Blickfeld 'öffnet' sich" – die Phasen optimaler Interaktion von Geist, Zentralnervensystem und Auge (also hier: "Phasen des vollscharfen Sehens") werden immer häufiger, langandauernder, stabiler und leichter erreichbar... also "selbstverständlicher"..., während die Heilung bzw. Genesung weiter voranschreitet. Schließlich werden vom Praktizierenden immer schwierigere Sehherausforderungen gewählt gemeistert. Das letztendliche Verschwinden der Fehlsichtigkeit ist dann erreicht, wenn die willkürliche und bewusst ausgeführte Sehpraxis sich (wieder) zu einer unterbewussten, "automatisch" ablaufenden Prozedur wandelt. Das vollscharfe Sehen ist dann (wieder) selbstverständlich geworden.
Alles klar soweit? Gut.
... und jetzt noch ein kleines Geschenk für alle, die sich auch an Punkt 1. der Bates-SMS heranwagen wollen: Ich habe einmal die Kapitel des Buches Rechtes Sehen ohne Brille (© 1999 Rohm Verlag) nach ihrem Schwierigkeitsgrad eingeteilt. Das ist zwar nur eine subjektive persönliche Einschätzung von mir, aber ich denke, sie ist fundiert und erleichtert sicherlich als Orientierungshilfe dem einen oder anderen den Zugang zu Bates' gesammelten Erkenntnissen, beziehungsweise spendet Mut, dranzubleiben bei der Lektüre: