chris1 hat geschrieben:Könntest du vielleicht in kurzen Worten (stell dir vor, du musst es per SMS schicken) im Deutsch des 21. Jahrhunderts die Grundsätze des zentralen Sehens erklären? Oder sagen wir mal: Erklär es so, dass es ein fünfjähriges Kind versteht
Hehe, "Bates-in-a-21st-Century-Nutshell" sozusagen... Du forderst mich ganz schön heraus...
Ok, ich kann es versuchen, muss dafür aber auf einen kleinen Farbtrick zwecks "Informationskompression" zurückgreifen:
Mit Schauen meine ich: inneres Schauen, also die subjektive geistige Wahrnehmung des Sehfeldes in unserem Bewusstsein. Und Schauen steht für das körperliche Schauen, also das, was wir mit den körperlichen Augen tun... also, sie willentlich und/oder unwillentlich ausrichten, optische Netzhautanregungen erhalten, die dann in den Zapfen und Stäbchen weiterwirken und als elektrische Signale wieder aus ihnen hervortreten, diese werden ins Nervensystem eingespeist usw... also: der körperliche Aspekt des Sehens, den wir dann geistig wahrnehmen können... eben indem wir schauen.
Soweit alles klar? Dann los:
''Bates'' per ''SMS'' hat geschrieben:1. Lies Rechtes Sehen ohne Brille, bis Du es in all seinen entscheidenden Aspekten möglichst komplett verstanden hast - das ist aus meiner Sicht für jedermann erreichbar, denn Bates bedient sich einer sehr klaren Sprache. // 2. Schaue, was Du gerade (ungefähr) anschaust. Wenn Du eine Stelle ausfindig machen kannst, die klarer, deutlicher, aufgelöster... ... also in irgendeiner Weise "besser erkennbar"... erscheint, als die momentan betrachtete, schaue nun auf diese andere Stelle. – Wiederhole dies nun fortlaufend. Darin besteht die eigentliche Sehpraxis dieser Methode. Mit wachsender Praxiserfahrung wird die Sehschärfe dadurch auf natürliche Weise (wieder) ansteigen und die Fähigkeit, die bewusste Sehaufmerksamkeit immer weiter einzugrenzen, ohne dabei in "Sehmatsch" zu versinken, soweit anwachsen, dass schließlich auch eine einzelne punktgroße Stelle visuell klar erkenn- bzw. einzeln registrierbar wird (sofern Bedarf bzw. Anlass für eine derartig weitgehende Eingrenzung der Sehaufmerksamkeit besteht). – Womit Du in dem Falle "maximal präzise" schaust, ist ein relativ kleiner Teil der Stelle maximal scharfen Sehens. Und was Du in dem Falle "maximal präzise" anschaust, ist die bzw. eine kleinstmögliche Stelle innerhalb des momentan gerade wahrnehmbaren Gesichtsfeldes – bei gleichzeitiger Abwesenheit jeglicher Brechungsfehler. // 3. Zum Ausruhen der Augen im Falle von unter Umständen auftauchenden, sich verstärkenden und immer irritierender werdenden Augenempfindungen: Schaue auf die tiefschwärzeste Stelle in Deinem Blickfeld, die Du finden kannst, gerne auch auf größere mehr oder weniger homogene Flächen und ruhe Deine Augen bzw. Deinen Geist dabei möglichst gut und gründlich aus. Tiefes Schwarz gibt es zumeist immer irgendwo innerhalb des Gesichtsfeldes, achtet einmal darauf. Bates hat einmal geschrieben: "Schwarz ist ubiquitär." – Falls aber wider Erwarten tatsächlich momentan keinerlei auch nur annähernd schwarze Stellen zu finden sind, schließe die Augen und decke sie gegebenenfalls sogar mit den Handtellern ab. Oder unterbreche die Praxis für den Augenblick ganz. // 4. Werde mit der Zeit und wachsender Sicherheit in der Methode "wagemutiger", was die Auswahl der jeweils betrachteten Sehobjekte angeht.)
Viel Spaß damit!
Flo
PS@sven: Doppelbilder und Flimmern/Lichtblitze, das sind keine der Illusionen normalen Sehens, was sich auch an den Gefühlen intensiven Körpererlebens und verstärkter Atmung zeigt... das sind vorübergehende Begleiterscheinungen übermäßigen Bemühens bzw. angespannter Konzentration... schenke all diesen "Artefakten am Wegesrand" keine übermäßige Beachtung, sondern nimm sie einfach zur Kenntnis und merke Dir dann fürs nächste Mal, was genau Du gerade gesehen hast und wie gut bzw. schlecht und übe dann einfach – zum Beispiel an einer anderen Blickszene – weiter das zentrale Sehen. Und versuche generell mit Deinen Gedanken gegenüber Deinen Augen zurückhaltend zu sein... "leise und respektvoll" sozusagen... und ihnen genau "lauschen"... gerade während der Übungen in zentralem Sehen. Du wirst merken, dass das und das oben beschriebene alles ist, was man wirklich tun muss. Der Rest kommt von ganz alleine.
PS@Chris: Lerne zentrales Sehen, dann werden Du und Deine Augen schon irgendwann (wieder) begreifen, dass es für Dich, für sie und für den ganzen Rest von Dir einfach besser, einfacher... und auch müheloser ist, perfekt miteinander zu interagieren. Und es auch mehr Spaß macht. --> Lese Rechtes Sehen gut und gründlich und lasse keinen Stolperstein unbeachtet, sondern nimm ihn zum Anlass, nachzuforschen. Die mehr medizinischen Kapitel sowie die Formelberechnungen kannst Du erstmal als gegeben hinnehmen und ggf. bei mir nachfragen, dann kann ich sie erläutern bzw. zusammenfassen.
PS@Marina: Jupp, kenne ich aus eigener Erfahrung. Wird ja sicherlich auch aus obigen Erklärungen schon deutlich. Die Lösung ist einfach: Je besser man das Konzept vom zentralen Sehen versteht, umso interessanter und funktioneller (und auch freudebereitender) wird es. Und damit verlockender, es immer weiter zu perfektionieren... und die Phasen perfekten Sehens dehnen sich dann auf einmal sehr zügig aus, weil "das Spiel einfach nicht mehr langweilig wird". Dann werden bald die Sehszenarien immer anspruchsvoller und immer diffiziler gewählt. ("Jagd auf Pessima.") Das wiederum hat zur Folge, das irgendwann der Punkt erreicht ist, an dem es im Hintergrund Klick macht, und es einem auf einmal immer schwerer möglich ist (nur noch mit Anstrengung oder willentlich herbeigeführtem regressivem Verhalten), 'auf Kommando' auch nur annähernd so schlecht zu schauen, wie noch vor kurzer Zeit. Einfach, weil man beginnt, körperlich wie geistig zu vergessen, wie das ging. Aber so eine Regression will man normalerweise ja auch gar nicht. Im Gegenteil.