Ich argumentiere nur mit Bates und bin sicher, dass er dazu rät.
Der Grund ist die naturgege-
bene Tatsache: wer ohne Unbequemlichkeit, ja eher lustvoll und inter-
essiert feine Schrift bei mäßiger Beleuchtung und ziemlich kleinem Au-
genabstand liest, kann dies nur tun, wenn sich seine Augen im Zustand
völliger Entspannung und demzufolge bester Leistungsfähigkeit befin-
den, während große Buchstaben bei heller Beleuchtung und größerem
Augenabstand jederzeit gelesen werden können – auch mit verspann-
tem Auge. Nachdem es einem Patienten möglich geworden ist, feine
Druckschrift unter erschwerenden äußeren Umständen befriedigend zu
lesen, wird er auch größere, allgemein gebrauchte Druckschrift unter
normalen Umständen besser als vorher lesen können. Für das stark
kurzsichtige Auge kann es sogar ein Kurmittel sein, wenn es sich einmal
anstrengt, sehr feine Druckschrift dicht vor den Augen zu lesen, weil
Nahesehen mit Anstrengung die Kurzsichtigkeit immer vermindert.
Manchem Kurzsichtigen ist es zuträglich, sich zu bemühen, einen
Druck zu lesen, der so klein ist, daß er nicht mehr gelesen werden kann.
Zu der Geschichte mit dem Kurzsichtigen und dass diesem das "Übel" der Altersweitsichtigkeit erspart bleibt, schreibt er, zum Glücke der Lehrmeinung, folgendes:
Ein Glück ist es noch für die Verteidiger des alten Dogmenglaubens,
daß Kurzsichtigkeit den Eintritt der Weitsichtigkeit hinausschiebt und
daß eine Abnahme des Pupillendurchmessers, die oft im späteren Alter
eintritt, etwas erleichternd auf die Fähigkeit des Nahesehens wirkt. Da-
her können die zahlreichen Berichte über Fünfzig- oder Fünfundfünf-
zigjährige, die noch ohne Brille lesen können, leicht dadurch beantwor-
tet und erklärt werden, daß diese Personen wahrscheinlich kurzsichtig seien, oder daß sie eine sehr kleine Pupille hätten. Kämen solche Fälle
unter sachverständige Beobachtung, würden sie sich vielleicht als nicht
so einfach erweisen. Man könnte feststellen, daß eine solche Person
keineswegs kurzsichtig, sondern vielmehr hypermetropisch oder em-
metropisch ist und ihre Pupille normale Größe hat. Man kann solchen
Fällen gegenüber offiziell nichts weiter machen, als sie zu ignorieren.
Abnorme Formveränderungen der Linse haben auch schon, und nicht
selten, als Ursache für das Ausbleiben des Übels im festgelegten Alter
oder für das Zurückerlangen der verlorenen Sehkraft am Nahpunkt her-
halten müssen. Die Schwellung der Linse bei beginnendem Star bietet
z.B. einen sehr bequemen und plausiblen Grund für solche sophisti-
schen Erklärungen. In Fällen frühzeitiger Alterssichtigkeit sind be-
schleunigte (vorzeitige) Sklerose der Linse (Fuchs) und Schwäche des
Ziliarmuskels als Grund angenommen worden. Und hätte man solche
Fälle beobachtet, wie z. B. den der Schneiderin, die ihre Nadel einfä-
deln, aber ihre Zeitung nicht mehr lesen konnte, so kann man sicher
sein, es wäre eine Antwort gefunden worden, die mit der Lehrmeinung
übereinstimmt.
Es hat sich ebenso gezeigt, daß jeder Art von Brechungsfehler eine
spezifische, von anderen zu unterscheidende Art von Sehanstrengung
zugrunde liegt. Der Größenvergleich der Spiegelbilder, welche man an
der Augenhülle erhält (vgl. Fig. 11), bestätigt, daß Myopie (oder eine
Abnahme an Hypermetropie) immer mit einer Sehanstrengung beim
Blicken in die Ferne verbunden ist, während Hypermetropie (oder eine
Abnahme etwa vorhandener Myopie) stets mit einer Sehanstrengung
beim Sehen in der Nähe einhergeht.
Von dieser Tatsache kann sich jeder überzeugen, der mit einem Reti-
noskop umzugehen versteht, vorausgesetzt, er lenkt bei der Messung
die Versuchsperson nicht damit ab (wie in Fig. 5a [Seite 31] gesche-
hen). Ein Anwendungsbeispiel der rückwirkungsfreien skiaskopischen
Überprüfung bildet der Nachweis, daß Anstrengung beim Nahesehen
Hypermetropie hervorruft (Fig. 5 b).
Insofern können zu therapeutischen Zwecken genutzte absichtlich
herbeigeführte widrige Umstände (vgl. Kap. 17) zur Wohltat für die Au-
gen werden.
In einem Auge, das bis dahin normal sieht, verursacht eine Anstren-
gung beim Nahesehen immer eine vorübergehende Hypermetropie in
einem oder allen Meridianen. Es ist so, daß das Auge entweder vollstän-
dig hypermetropisch wird oder sich eine Form von Astigmatismus bil-
det, wovon die Hypermetropie einen Teil ausmacht.
Im hypermetropischen Auge zeigt sich die Hypermetropie in einem
oder in allen Meridianen vertieft. Wenn sich das myopische Auge an-
strengt, ein nahes Objekt zu sehen, so wird die Myopie vermindert und
schließlich Emmetropie herbeigeführt; das Auge stellt sich für parallele
Strahlen ein, indem es sich noch im Nahesehen versucht. In manchen
Fällen mag sogar die Emmetropie in Hypermetropie in einem oder allen
Meridianen übergehen. Alle diese Verwandlungen sind von Beweisen
größerer Anstrengung in Form von exzentrischer Fixierung und herab-
gemindertem Sehvermögen begleitet; merkwürdigerweise sind bei die-
sem Versuch Schmerz und Ermüdung meistens weitgehend herab-
gesetzt.
Strengt sich im Gegensatz zum eben besprochenen Fall das bis da-
hin normale Auge nun beim Blick in die Ferne an, so wird immer eine
vorübergehende Myopie in einem oder allen Meridianen erzeugt, und
wenn das Auge bereits myopisch ist, so nimmt dieser Zustand noch zu.
Strengt sich das hypermetropische Auge an, einen entfernten Gegen-
stand zu sehen, so können Schmerz und Ermüdung hervorgerufen oder
vermehrt werden; die Hypermetropie und die exzentrische Fixierung
werden aber herabgemindert und das Sehvermögen nimmt zu. Dieses
interessante Resultat ist, wie man bemerkt, das gerade Gegenteil von
dem, was eintritt, wenn der Kurzsichtige sich beim Nahesehen an-
strengt. In einigen Fällen ist die Hypermetropie vollständig aufgehoben,
und Emmetropie wird erzeugt bei völligem Verschwinden aller Anzei-
chen von Anstrengung. Dieser Zustand kann dann in Myopie überge-
hen, die Anstrengung nimmt mit dem Grad der Kurzsichtigkeit zu.
Mit anderen Worten: das Auge, welches sich beim Nahesehen an-
strengt, wird gedrungener, seine Achse kürzer, sein Hornhautscheitel
flacher, als er zuvor war, und zwar in einem oder allen Meridianen.
War es ausgangs zu schlank, seine Achse zu lang, sein Hornhaut-
scheitel zu stark gekrümmt, so geht es aus diesem Zustand zunächst
über zur Kugelgestalt und wird emmetrop; war das myopische Auge
anfänglich auch noch astigmatisch, so wird es durch zusätzliche Übun-
gen im angestrengten Nahesehen an parallel zum defizitären Meridian
linear ausgedehnten Sehobjekten auch davon frei. Würde man die Seh-
anstrengung fortsetzen, würde es hypermetropisch, also gedrungen,
mit zu kurzer Achse und zu flachem Scheitelbereich. Wenn dieser
Übergang unsymmetrisch erfolgt, wird das Auge zusätzlich auch noch
astigmatisch.
Beim angestrengten Blick in die Ferne wird die Achse länger; ein
übersichtiges Auge mit zu kurzer Achse wird dann alsbald emmetro-
pisch und schließlich myopisch, wenn der Augapfel wieder zu lang ge-
worden ist, die Krümmung im Scheitelbereich und damit die Brechkraft
zu groß. Erfolgt der Übergang in den einzelnen Meridianen unterschied-
lich, erhalten wir zusammengesetzten myopischen Astigmatismus.
Myopie, durch unbewußte Anstrengung beim Fernesehen über Jahre
hinweg entstanden, kann durch bewußte Sehanstrengung beim Absu-
chen eines entfernten Gegenstandes nach kleinsten Einzelheiten ver-
schlimmert werden. Durch bewußte Sehanstrengung beim (Zu-)Nahe-
sehen kann dagegen normales Sehen (= Emmetropie) ohne Gläser
erreicht und ohne Rückfall erhalten werden, wovon ich mich immer
wieder überzeugen konnte.
Was vom normalen Auge gesagt wurde, findet gleicherweise Anwen-
dung auf Augen, aus denen die Linse entfernt worden ist. Diese Opera-
tion schafft gewöhnlich einen Zustand von Hypermetropie. In Fällen, wo
vorher starke Myopie vorhanden war, mag aber die Entfernung der
Linse nicht genügen, um die Kurzsichtigkeit zu beheben. Im ersten Fall
vermindert eine Anstrengung beim Fernesehen die Hypermetropie,
während eine Anstrengung beim Nahesehen sie verschlimmert. Im
zweiten Fall verschlimmert eine Anstrengung beim Fernesehen die
Myopie, eine Anstrengung beim Nahesehen dagegen vermindert sie.
Während längerer oder kürzerer Zeit nach Entfernung der Linse pflegt
ein aphakisches Auge sich häufig beim Nahesehen anzustrengen und
ruft dadurch einen so hohen Grad von Hypermetropie hervor, daß es
ihm unmöglich wird, gewöhnliche Druckschrift zu lesen, und die Ak-
kommodationsfähigkeit scheint völlig verloren. Später, nachdem sich
der Patient an den neuen Zustand gewöhnt hat, läßt diese Anstrengung
oft nach, hört schließlich ganz auf, und das Auge wird fähig, sich richtig-
fehlerlos für den Nahpunkt einzustellen. Es sind sogar einige Fälle be-
obachtet worden, wo nach Linsenentfernung ein gewisses Maß guter
Sehfähigkeit sich wiederfand, so daß der Patient weder für die Nah-
noch für die Fernsicht eine Brille brauchte. Die Verlängerung des Aug-
apfels genügt dann, um für die verlorene Linse eine Kompensation zu
schaffen, aber natürlich nur bis zu einem gewissen Grade.
Daher bringt auch das tibet. Rad etwas gegen den Asti: Es verursacht Anstrengung in der Nähe, was de Asti bezwingt.
An einer anderen Stelle im Buch rät er sogar den Weitsichtigen, die Sehtafel so weit weg von ihnen hinzustellen, dass es ihnen unmöglich ist, diese zu sehen. Wenn sie lange genug versuchen, die Buchstaben auf dieser zu erkennen, werden sie kurzsichtig werden und somit emmetrop. Ich find die Stelle aber leider nicht mehr...
In seinem Schreiben hat er aber somit auch bewiesen, warum es Menschen gibt, die kurz- und weitsichtig sind: Sie sind meist weitsichtig, können aber die Ferne auch nicht so toll sehen, wie sie in Wirklichkeit meinen. So verhält es sich aber auch mit den Kurzsichtigen (das schreibt er übrigens auch): Ein Kurzsichtiger muss lernen zu verstehen, dass er die Nähe nicht so gut sehen kann wie er denkt. Erst dadurch kann er normalsichtig werden (Spannung in der Nähe).
Genau das habe ich mit meinen Experimenten mit der Brille auch bewiesen: Mit der Brille habe ich die Buchstaben auf der Sehtafel komplett schwarz gesehen, obwohl der eine von denen einen riesigen weißen Punkt draufhatte. gehe ich näher ran und nehme die Brille ab, sehe ich den Buchstaben eher grau und kann auch den Punkt ganz deutlich erkennen.
Strenge ich mich beim Sehen in der Brille weiter an und VERSUCHE, etwas zu sehen, dann werden meine Augen schlechter, sie starren, können dann aber den weißen Punkt erkennen und sehen den Buchstaben nicht mehr schwarz, sondern leicht gräulich und "unvollkommen".
LG Moobe