Hallo Julka,
was du schilderst, kenne ich auch - bis hin zu diesen euphorischen Glücksgefühlen, wenn man als Blindfisch mit mehr als drei Diops mal plötzlich irgendwas messerscharf vor der Linse hat.
Dieses Hin- und Herwabern zwischen Unscharf und Scharf ist wirklich faszinierend, und, ja, ich glaube, das ist schon die richtige Richtung, denn man sieht ja immer nur in der Sehgrube wirklich scharf. Das betont ja Bates auch immer, deshalb gibt es ja die central vision, meine ich. Also hin- und hersehen, aber sich dabei wirklich geistig auf den Punkt konzentrieren, den man grade ansieht. Das ist schon wichtig m. E.
Ich übe die central vision jetzt seit etwa zwei bis drei Wochen ein und stelle schon eine Visusverbesserung fest (siehe meinen Thread hier
http://www.augen-training.com/ist-bates ... t1598.html, hast du ja evtl. gelesen). Und mit Verbesserung meine ich jetzt Verbesserung gegenüber diesem erratischen Immer-mal-wieder-Scharfstellen der Augen - also dem, was du jetzt als eigenes Erlebnis beschreibst. Das alleine ist zwar nett und faszinierend, aber auf Dauer schleicht sich da dann auch wieder gerne mal der Frust ein, weil es halt nicht anhält.
Ich merke jetzt aber immer stärker, dass ich ein Schärfersehen reproduzieren kann, also gesteuert herstellen kann. Und _das_ ist für mich ein wesentlicher Fortschritt. Es ist weder schon dauerhaft noch ist es hundertpro scharf, aber: ein Fortschritt!
Meine Theorie zum Lernprozess hin zu perfecter central vision ist:
1. Grundannahme: Das kurzsichtige Auge "kann" es eigentlich. Behauptet Bates ja auch.
2. Dass dem so ist, zeigt es uns Blindfischen dadurch, dass unser Blick immer mal wieder scharf wird.
3. Durch das geduldige Einüben der central vision helfen wir unserem Auge/Geist wieder auf die Sprünge (Sakkaden, eben, passt doch ...
), die zufällig gute Sicht gesteuert zu erreichen.
4. Je mehr bewusst praktizierte central vision über den Tag hinweg, desto besser/schneller erfolgt eine gewisse (Re)automatisierung des Vorgangs.
5. Im Idealfall wäre das kurzsichtige Auge dann ein emmetropes Auge, was es eben (wieder) "kann".
Alles, was ich persönlich im Moment als Übung mache (abgesehen vom ungesteuert-lustvollen staunenden und angstfreien In-die-Welt-Sehen, wie du es auch beschreibst), ist, zwischen zwei bestimmten Punkten (für den Anfang finde ich gleichartige Dinge hilfreich, also etwa der Ober- und Unterrand eines Fensterrahmens am gegenüberliegenden Haus) hin und herzusehen. Langsamer, schneller, so, wie es kommt und sich gut anfühlt.
Wichtig ist nur dieses:
1. Schau von dem "Zwillingspaar" erst A, dann B an.
2. Schau dann wieder auf A und registriere, dass du B weniger gut siehst. Wenn das nicht der Fall ist, sage/denke dir einfach, dass es so ist. Die Augen werden deiner Vorstellung bald folgen.
3. Schau auf B und registriere, dass du A weniger gut siehst.
Und immer so hin und her. Mit der Zeit - so ist es bei mir - wird das Angeguckte tatsächlich schärfer. Den Geist auf das Nichtanguckte zu lenken, ohne es dabei aber richtig anzusehen, sorgt m. E. dafür, dass man die central vision mit Konzentration betreibt. Man bleibt besser bei der Stange und es verkommt nicht zu einem sinnlosen Hin und Her.
"Richtig" empfinde ich es, wenn beim Hin- und Hergucken so ein Zugempfinden zwischen den beiden angesehenen Dingern entsteht. Das ist sicher ein realer Zug in den Augenmuskeln, aber irgendwie ist es auch im Geist, empfinde ich. Es ist so ein Angespannt-Entspanntsein, und genau da soll es ja hin.
Viel Spaß wünscht
Susa