Hallo zusammen,
diesen Fred habe ich vorzeiten auf der Hauptliste zu den Trainingsmethoden aufgemacht, als mir die Vermutung dämmerte, dass "gutes, sprich dauerhaft vollscharfes Sehen" nach der Methode, wie sie Flo vertritt, derselben Wurzel entspringt wie etwas anderes, was ich schon seit Jahren betreibe, nämlich Cantienica-Training. Inzwischen (Ende Februar 2013) hat es bei mir in puncto Bessersehen so weit "Klick" gemacht, dass ich meiner Vermutung weiter treu die Stange halte. Und da ich eben seit etwa drei Wochen ziemliche Fortschritte mache, weil ich Verschiedenes plötzlich begriffen habe, bat ich die MODs, meinen Fred zu den "Erfolgsgeschichten" zu schieben (Danke an Flo fürs Schieben).
Ab hier nun also das uneditierte Original:
ich habe ja neulich in einem anderen Post erwähnt, dass ich den Eindruck habe, dass das zentrale Sehen von Bates ziemlich stark dem entspricht, was ich von der Cantienica-Methode aus eigener Praxis kenne. Alles, was ich dazu sage, stammt aus den intensiven Diskussionen der letzten Monate, die rund um die Posts von Flo zum Thema Blickpunktverschiebung und zentrales Sehen entstanden sind.
Drum erst mal eine Erklärung: Was ist Cantienica?
Das ist eine Körperarbeitsmethode, die dem Trainierenden im Prinzip die "Grammatik" seines Körpers, sprich seine ursprünglichen anatomischen Zusammenhänge klarmachen und Methoden an die Hand geben will, damit man die Knochen und Muskeln gezielt so im Körper ausrichten kann, dass sie ihren Dienst optimal und im perfekten Zusammenspiel miteinander versehen. Dabei gilt: Je öfter und je länger man den Körper in dieser neuen (eigentlich alten, weil es seine ursprüngliche Natur ist) Weise hält, bewegt und sonstwie gebraucht, desto besser und nachhaltiger werden die neu erlernten Bewegungsmuster auf der eigenen Festplatte gespeichert, desto leichter lassen sie sich abrufen und desto stärker wird auch der Automatisierungsgrad des Ganzen.
Die Hauptprinzipien bei Cantienica sind:
- Alle Muskeln sind von der skelettnahen Tiefenmuskulatur ausgehend nach außen hin optimal gedehnt und so untereinander vernetzt, dass alle Gelenke am Körper immer die jeweils optimale Bewegungsfreiheit haben. Durch diese anatomisch "richtige" Vernetzung und Dehnung sind die Muskeln im Idealfall 24/7 in Aktionsbereitschaft.
- Berücksichtigt wird die anatomisch logische Anordnung der Knochen, Sehnen, Bänder und Muskeln, wie die Natur sie für unseren Bauplan vorgesehen hat. Im Cantienica-Körper geht nichts auf Kosten von etwas anderem. Es gibt nach diesem Konzept im Körper keine antagonistisch gegeneinander arbeitenden Muskeln. Alle Muskeln sind mit allen vernetzt - von Fuß bis Kopf, von innen nach außen und zurück.
- Am optimal aufgerichteten Körper stehen beide Beckenschaufeln gerade (kein Kippen nach hinten oder nach vorne). Scham und Steißbein zeigen lotrecht zum Boden, der Kronenpunkt (der Punkt, an dem der Rückenmarksstrang, gedacht verlängert nach oben, austreten würde) zeigt zum Himmel. Dazwischen spannt sich die Wirbelsäule auf. Sie ist _kein_ S und auch sonst nichts Gebuckeltes, Krummes, Gewundenes, sondern schlicht schnurzgerade, im Sitzen, im Liegen, im Stehen, beim Gehen. Die Beckenhälften sind immerimmerimmer gerade zueinander ausgerichtet. Bei jeder Übung, bei jeder Bewegung.
- Trainiert wird immer nur mit der tiefsten Muskulatur, allem voran die innerste Beckenbodenschicht (Levator ani, aber sie kann mehr, als den Anus heben, ich schwöre es euch) und die vielen kleinen Müskelchen, die an der Wirbelsäule die Wirbel kreuz und quer miteinander verstreben, damit das Ding nicht kollabiert wie ein umgeworfener Klötzchenturm.
Weiterer zentraler Muskelverbund beim C-Training: Das Zwerchfell, das sich wie ein Fallschirm unter dem Brustkorb aufspannt - bzw. aufspannen lässt.
- Leichtigkeit: Alle Bewegungen am anatomisch-logisch bewegten Körper gehen mit Leichtigkeit vonstatten.
- Spiralität: Bei Armen und Beinen rotieren die Oberarm/Oberschenkelmuskeln nach außen, während die des Unterarms/Unterschenkels nach innen rotieren. Das stabilisiert die Achse, man hat dann kein X- oder O-Bein. Das ist dann so wie bei einem Handtuch, was man in sich verdrillt.
- Diagonalität: Viele Muskelverbünde im Körper verlaufen in Diagonalen. Auch das sorgt für Stabilität. So kooperieren z. B. die linke Beckenhälfte und die rechte Schulter miteinander und die rechte Beckenhälfte und die linke Schulter. Auf diese Weise können wir als Menschen den uns eigenen, natürlichen Kreuzgang ausüben.
Sind diese tiefen Muskelschichten geweckt und gekräftigt, haben sie wieder ihren natürlichen Tonus und sind entsprechend daueraktiv. Und so können sie quasi bei jeder Bewegung die äußeren, großen, gut tastbaren Muskeln "mitziehen", sodass diese auch ihre Arbeit versehen können.
Die Tiefenmuskulatur sind also die Chefs, die Äußeren sind die Arbeiter fürs Grobe, sozusagen. Damit die Chefs Befehle geben können, müssen sich die Arbeiter erst mal entspannen. Tun sie dies nicht, so kann die Tiefenmuskulatur nicht richtig arbeiten. Sie ist dann sozusagen im Schraubstock der dicken Muskeln. Das ist immer der Fall, wenn es irgendwo am Körper knochenmäßig zwickt und zwackt. Das Ziel lautet daher immer: Knochen durch optimale Entspannung der äußeren Muskeln auseinanderbringen, die tiefen Muskeln kräftigen und wieder "zur Arbeit schicken".
Viele Leute sind natürlich skeptisch, sie sagen, Cantienica sei nix anderes als Pilates, Callanetics oder meinetwegen Physiotherapie-Methoden wie Craneo-Sacral, Bobath, Schroth, Alexandertechnik, Feldenkrais usw.
Denen sage ich dann immer, dass Cantienica eigentlich keine Methode ist, sondern ein Grammatikwerk für die Sprache "Menschenkörperisch". Kurzum: Man wird mit den anderen Methoden denselben Erfolg haben, solange man den Körper dann wirklich so hält und bewegt, wie er es eigentlich gerne hätte. Und wer das von Natur aus kann (der Glückspilz), der braucht ja dann auch keinerlei Anleitung.
Nun kommen wir zu einem Knackpunkt: Wie vermittle ich dem Trainierenden die Zusammenhänge so, dass er dann auch garantiert das
"Richtige" macht? Genau hier ist Cantienica äußerst präzise, entwickelt seine Anweisungstechnik auch immer weiter - dank immer neuer Erkenntnisse über die logische Anatomie des Menschen. Diese Methode bleibt nie stehen, wird immer weiter exploriert. Immer mit dem Ziel, die Übenden noch genauer zur richtigen Haltung führen und coachen zu können.
Hier:
http://www.augen-training.com/besser-se ... t1596.html
schrieb TMN über Blickpunkt-Lifting und es entspann sich eine Diskussion darüber, ob man darüber dasselbe erreiche wie mit dem zentralen Sehen bei Bates. Ist Bates also Cantienica für die Augen und "Blickpunkt-Lifting" wäre eine Anweisung aus einer anderen Trainingsmethode? Die denselben Effekt haben kann, wenn man sowieso automatisch nach Bates vorgeht beim Gucken? Und was passiert, wenn nicht? Fängt man dann wieder an, in üblicher Maulwurfsmanier flächenhaft zu starren? Dies alles sind Fragen, die sich um die Präzision der Vorstellung und des Tuns drehen, das zur Heilung führen soll.
Bates folgt, wie ich euren Schilderungen entnehme (hab ihn selber nie gelesen), auch dem Prinzip der kreatürlichen Leichtigkeit, wie ich es von Cantienica kenne. Auch bei Bates geht es darum, dass es sozusagen 24/7 möglich sein muss, gutes Sehen zu praktizieren. Ohne Anstrengung. Und das die Muckis in einer Art Optimalzustand sein müssen, damit sich keine Verkrampfungen auf das Sehen übertragen. Und wer "zu viel macht", der wird eher nichts erreichen. So ist das bei C auch. Die verzweifelten Trainierer, die denken, es muss doch, es muss doch...!! - werden nichts erreichen. Aha-Erlebnisse habe ich immer nur dann, wenn ich mich gar nicht bemühe. Selber schon vielfach durchgemacht ...
Von daher kenne ich die Sache mit entspannt sein, damit etwas gelingt, nur zu gut!
So, nun bin ich gespannt auf eure Fragen, Ideen usw. dazu!
Viele Grüße
Susa (seit drei Jahren regelmäßig in einem C-Kurs und zusehends gerader, schmerzfreier und körperglücklicher damit)