von Marie » 30.09.2015 11:55
Guten Morgen Niobe,
ich hoffe, es geht Dir heute Morgen wieder besser!
Ich hätte da mal eine Frage vorweg: Hast Du eine Erklärung für die Lichtblitze, die du gesehen hast? Hast Du diese schon länger und wurde das augenärztlich abgeklärt? Da Lichtblitze auchgrund eines Loches in der Nezthaut entstehen und eine Netzhautablösung ankündigen können, wäre es unter Umständen sinnvoll, bei Deinem Augenarzt anzurufen und auf eine früheren Termin zu dringen. Tut mir Leid, falls ich Dich jetzt beunruhige; ich weise Dich nur daraufhin, da Du die Lichtblitze so nebenbei erwähnst und ihnen keine weitere Bedeutung zuzumessen scheinst.
Was Deine übrigen Fragen anbelangt: Es ist meiner Beobachtung nach ein Kernproblem der meisten Leute, die ein Sehtraining betreiben, dass sie erworbene Erfolge wieder (teilweise) verlieren und nicht so recht wissen warum. Das ging und geht mir auch nicht anders, allerdings habe ich zumindest für mich inzwischen eine Erklärung gefunden und einige herausgefunden, wie ich in relativ kurzer Zeit eine Verbesserung erzielen konnte, die dann auch blieb.
Das Kernproblem ist, besonders bei Leuten, deren Abweichung zur Normalsicht mehr als 2 bis 3 Dioptrien beträgt, die vielzitierte und wenig definierte fehlende Entspannung der Augenmuskulatur.
Die Frage, wie man die Augenmuskeln entspannt, wird aber kaum konkret angegangen. Mangels Möglichkeiten wird dann zum Beispiel empfohlen, Enspannungsübungen zumachen. Das hilft ein bisschen, verschwindet aber zumeist wieder, sobald man wieder damit aufhört. Man müsste also sein ganzes Leben Entspannungsübungen machen, um ein bisschen besser zu sehen. Das kann' s ja wohl nicht sein. Oder, auch sehr lustig, es wird empfohlen, eine positive Lebenseinstellung zu erwerben. Habe ich auch versucht. Eine ebenso richtige wie nutzlose Anweisung, da es eine äußerst langwierige Sache ist mit wenig konkretem Erfolg. Außerdem muss man immer damit rechnen, bei einer Lebenkrise seinen mühsam erworbenen Erfolg schlagartig wieder zu verlieren.
Dagegen bringt dauerhafte Entspannung in den Muskeln auch ein dauerhaftes Wohlgefühl mit sich, ohne dass man irgendetwas tun muss. Ich versuche zur Zeit, mal alles aufzuschreiben, was ich herausgefunden habe, und werde es dann hier im Forum veröffentlichen. Das wird aber noch ein paar Tage dauern.
Zusammengefasst ist mein derzeitiger Ansatz der, dass ich versuche, meine Augen in einen Zustand zu bringen, in dem sie die Möglichkeit haben, ihren Aufgaben gerecht zu werden, nämlich blitzschnell und hellwach auf alle möglichen Reize zu reagieren und der Aufmerksameit folgen zu können:
Zur Überprüfung Deines eigenen Augenzustandes stelle ich Dir abschließend noch ein paar Fragen:
-Wie fühlen sich Deine Augen an?
-Kannst Du deine Augen blitzschnell von rechts nach links / von oben nach unten bewegen?
-Wie sind die Bewegungen Deiner Augen? Geschmeidig oder ruckartig?
-Gibt es eine wahrnehmbare Bewegung in den aüßeren Augenmuskeln beim Wechseln zwischen nahen und weit entfernten Objekten?
-Wie fühlt sich Dein Lidschlag an? Leicht oder eher gepresst?
-Wenn Du die Augen schließt, in welche Richtung fällt Dein Blick?
-Schätzt Du den Zustand deiner Augen als geeignet ein, gutes Sehen zu ermöglichen?
Solange Du die letzte Frage mit Nein beantwortest (was ich jetzt einfach unterstelle), ist eigentlich auch klar, was zu tun ist, wenn Du gut sehen willtst.
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Da Du mit dem Wechsel beim Nah- /Fern-Sehen schon erste Erfolge erzielt hast, kannst Du hier auch schon mal weitermachen. Ich würde Dir aber empfehlen, die Übung ohne den Zeigefinger zu machen, da durch das Heben des Armes wieder Anspannungen in der Schulter hervorgerufen werden können, was sich in den Nacken und bis in die Augen fortsetzen kann (Für eine 30-Sekunden-zwischendurch-Übung kannst du das natürlich machen, nur nicht 5 oder 10 Minuten am Stück). Stell Dich lieber so, dass sich ein Gegenstand in der Nähe befindet und Du gleichzeititg die Möglichkeit hast, in die Ferne zu schauen. Du kannst Dir auch etwas auf eine Fenstescheibe kleben. Drehe beim Schauen zwischendurch den Kopf mit langsamen, kleinen und leichtgängigen Bewegungen hin- und her sowie auf und ab. Das erhöht den Erfolg der Übung ungemein!
Entscheidend für den Erfolg der Übung ist das, was Du tust und wie Du es tust und nicht das was Du siehst. Ob etwas scharf oder unscharf ist, ist lediglich das Ergebnist von dem, was Du im Augenblick zuvor getan hast. Deshalb ist es auch vergebliche Liebesmühe, den Seheindruck schärfer einstellen zu wollen, da der Zeitpunkt, an dem Du hättest etwas ändern können, schon verpasst ist. Es ist sehr gut vergleichbar mit dem Erleren eines Streichinstrumentes: Je nachdem, wie man über die Seite streicht, qietscht der Ton oder eben nicht. An dem missglückten Ton lässt sich dann nichts mehr ändern, sehr wohl aber am nächsten Ton. Wie fortgeschritten man schon ist, misst sich nicht an der Qualität eines einzelnen Tones, sondern daran wie sicher man wohlklingende Töne erzeugen kann. Versucht man allerdings trotzdem, korrigierenderweise auf einen missglückten Ton einzuwirken, so führt das nur zu einem erhöhten Kraftaufwand, der den nächsten Ton ungünstig beeinflusst.
Das mag kompliziert klingen, ist aber sehr wichtig zu verstehen.
Sobald man nämlich die ersten schärferen Seheindrücke hat (was, wie Du selbst festgestellt hast, sehr schnell passiert), denkt man sich, wie einfach das doch ist, und dann will man den schärferen Seheindruck nicht mehr hergeben.Ist der nächste Seheindruck missglückt, versucht man ihn nachträglich zu korrigieren, und schon gerät die ganze Sache wieder ins Stocken und man macht keine Fortschritte mehr.
Richtet man statt dessen die Aufmerksamkeit auf die Qualität der Augenbewegungen und verbessert diese, verbessern sich unweigerlich auch die Seheindrücke. Mit anderen Worten, je fließender, gleichmäßiger und leichtgängiger die Augenbewegungen sind, desto schärfer der Seheindruck.
Such Dir für den Anfang eher größere Objekte zum Betrachten aus und bleibe für den Anfang ca. 5 Sekunden, bevor du wechselst. Betrachte den Gegenstand in der Zeit, indem Du ihn locker "abtastest". Wenn Du den Gegenstand wechselst, achte auf die Bewegung in Deinen Augen, denn dort und zu diesem Zeitpunkt findet Entscheidendes statt! Lass die Bewegung so leichtgängig wie möglich werden. Denke daran, dass der Seheindruck lediglich das Feedback ist, ob die Augenbewegung richtig war. Wenn Du einen Gegenstand schärfer sehen willst, dann wechsle ein paarmal hin und her. Mach das aber erst, wenn Du schon genügend Erfahrung hast und sich die schärferen Seheindrücke sich schon häufig genug von selbst einstellen.
Bei dieser Art zu Üben entspannen sich die Augen und es ist immer angenehm. Sobald etwas unangehm wird, machst Du gründlich etwas falsch. Jeglicher Versuch, trotzdem weiterzumachen, ist kontraproduktiv. Es hilft dann nur, eine Pause zu machen.
Und noch etwas:
Wenn man etwas Neues erlernt, sind die Übephasen zu Beginn kurz und steigern sich erst im Laufe der Zeit. Beim Geige Lernen reichen zehn Minuten am Anfang. Später, wenn die Stücke komplexer werden, wird man schon mindestens 30 Minuten üben müssen, wenn man noch voran kommen will. Am Anfang dagegen ist der größere Übeerfolg durch gößeren Zeitaufwand minimal. Das gilt auch für das Augentraining. 10 Minuten am Tag, oder zweimal 5 Minuten ist genug für diese Übung in der ersten Woche. Dagegen verringert sich der Übeerfolg stark, wenn Du das Üben innerhalb einer Woche mehr als einen Tag ausfallen lässt.
Ich halte es inzwischen auch für falsch, die Brille möglichst oft wegzulassen. Die Stärke der Brille sollte immer der Tätigkeit entsprechen, die man gerade ausführt. Das heißt, für die Nähe etwas weniger stark als für die Ferne, so dass man das, was man sehen muss, auch klar erkennt. Tut man das nicht, wird man unweigerlich durch Anspannung zu korrigieren versuchen, und dann ist der schöne Übeerfolg wieder dahin...
Situationen, in denen man keine Brille trägt, sollten immer solche sein, in denen das Sehen keine primäre Rolle spielt, also beispielsweise beim Spazieren, beim Yoga oder beim Gepräch mit anderen im Straßencafé.
Wenn man übt, dann übt man, und wenn nicht, dann macht man etwas anderes. Es käme auch keiner auf die Idee, dass man den ganzen Tag Geige üben müsste, damit man das, was man gerade hingekriegt hat, am nächsten Tag noch kann. Es ist im Gegenteil häufig so, dass es spätestens am dritten oder vierten Tag plötzlich besser wird. Man kann sich also guten Gewissens von zu viel Ehrgeiz freimachen.
Liebe Grüße
Marianne